LINDANET Actionplan des Landes Sachsen-Anhalt im Überblick
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde das Pflanzenschutzmittel Lindan (γ-HCH, γ-Hexachlorcyclohexan) weltweit im großen Maßstab in der Landwirtschaft eingesetzt. In diesem Zusammenhang entstanden bei der Produktion des Insektizids erhebliche Mengen von Organochlorverbindungen (α-, β-, δ-, ε-HCH etc.), welche über krebserzeugende, bioakkumulative und hormonell wirksame Eigenschaften verfügen. Diese wurden über das Abwasser und unzureichend gesicherte Deponien in die Umwelt eingebracht und sind unter natürlichen Bedingungen nur schwer abbaubar. Daher stellen trotz eines EU-weiten Produktions- und Nutzungsverbots von Lindan aus dem Jahre 2009 lokal aber auch flächendeckend auftretende Belastungen von Böden und Gewässern für zahlreiche Regionen in Europa bis heute eine große Herausforderung dar.
Um dieser gemeinsam begegnen zu können, startete am 1. August 2019 das Interreg Europe Projekt „LINDANET“. Dieses soll, mit einem Budget von 1,35 Mio. Euro und einer Laufzeit von 3,5 Jahren ausgestattet (Co-Finanzierung durch EFRE 85%), eine erfolgreiche Zusammenarbeit von mit HCH-Belastungen konfrontierten Regionen gewährleisten. Zu diesem Zweck tauschen die sechs Projektpartner aus Spanien, Deutschland, Polen, Tschechien und Italien regelmäßig Erfahrungen im Umgang mit HCH aus und geben diese im Rahmen von Stakeholder Meetings an die regionalen Interessensvertreter aus öffentlicher Verwaltung, Privatwirtschaft, Natur- und Umweltschutzverbänden sowie Forschung weiter. Zum Ende von Phase 1 des Projekts (08/2019 –01/2022) wird von jedem Partner ein mit dem regionalen Stakeholder-Netzwerk abgestimmter und von Projektzusammenarbeit abgeleiteter Actionplan vorgelegt, welcher innerhalb von Phase 2 (02/2022 – 01/2023) umgesetzt werden soll und darauf abzielt, die Region im Umgang mit der lokalen HCH-Problematik entschieden voranzubringen.
Der Fokus der Landesanstalt für Altlastenfreistellung liegt in LINDANET auf der mit HCH-belasteten Muldeaue. Denn die dort vorherrschende und einst im Zuge von Hochwasserereignissen aus dem nahegelegenen Chemiepark Bitterfeld-Wolfen in die Auenbereiche eingebrachte Bodenkontamination, stellt insbesondere im Hochwasserfall eine relevante Schadstoffquelle dar. Dies führt zu einer Verschlechterung der Gewässerqualität und hat zudem Nutzungseinschränkungen von Flächen in der Aue zur Folge. Daher ist das Hauptziel im Rahmen von LINDANET, die Basis für ein integrales Auenmanagement zu schaffen. Dazu muss zunächst ein Untersuchungskonzept für die Muldeaue erarbeitet und umgesetzt werden, um anschließend flächendeckende Informationen über Schadstoffgehalte in den verschiedenen Umweltkompartimenten gewinnen zu können. Diese können zu einem späteren Zeitpunkt für die Entwicklung eines Standort-angepassten Sanierungs- und Flächennutzungskonzepts in der Muldeaue herangezogen werden (sogenanntes Integrales Auenmanagement).
Das Untersuchungskonzept wurde für die LAF im Rahmen des EU-Projekts „HCH in EU“ bereits erarbeitet. Somit setzt der hier vorliegende Actionplan an dieser Stelle an und forciert mit „Action 1 – Nächste Schritte auf dem Weg zu einem integralen Muldeauen-Management“ die Finanzierung, Ausschreibung, Vergabe sowie Umsetzung des Muldeauen-Untersuchungskonzepts, während „Action 2 – Etablierung von 3 Komitees zur gemeinsamen Entwicklung eines integralen Muldeauen-Managements“ darauf abzielt, eine effiziente, optimal strukturierte und zeitsparende Fortführung der bereits in LINDANET gut funktionierenden regionalen Zusammenarbeit in der Muldeaue langfristig sichern zu können. Diese ist unabdingbar, um mit den in Zukunft im Rahmen des Untersuchungskonzepts erhobenen Fachinformationsdaten gemeinsam ein schadstoffbezogenes Sanierungs- und Nutzungskonzept entwickeln zu können ohne die hier existierenden und teilweise konkurrierenden Schutzziele unberücksichtigt zu lassen.
„Action 3 – Erarbeitung eines Fachberichts über das Lindan-Erbe der Region Bitterfeld-Wolfen “ zielt darauf ab, die regionale Lindan-Produktionsgeschichte sowie alle in Bitterfeld-Wolfen und der Muldeaue zu HCH gelaufenen Erkundungs- und Sanierungsmaßnahmen sowie Forschungs- und EU-Projekte in einer übersichtlichen Zusammenfassung aufzuarbeiten. Damit soll einem durch den Generationswechsel in Sachsen-Anhalt potenziell drohenden Wissensverlust vorgebeugt sowie ein Übersichtsdokument zur Information von Stakeholdern und interessierten Bürgern geschaffen werden. Der Bericht soll zudem auch über LINDANET hinaus regelmäßig ergänzt werden, um interessierten Lesern möglichst den aktuellen Stand liefern zu können.
Noch steht Sachsen-Anhalt mit der HCH-Problematik in der Muldeaue ein weiter Weg bevor. Doch die ersten Schritte in die richtige Richtung wurden bereits unternommen und sollen mit diesem Actionplan fortgesetzt werden.